Anni
Sie hat den Bauernhof geliebt, zwischen Mist und Heu gespielt,mitgearbeitet – als Kind schon - Familie als LohnSie war das 7., jüngste Kind, war, wie Nesthäkchen so sindAuf den Feldern rumgetobt, wer gehorchte, kriegte Lob
Alles unbeschwert,bis zur Nachricht aus dem Radio:Es war Krieg, noch weit weg,noch nicht dort bei ihr im Sudetenland
Die Zeit verging, sie war 16 als die Schwindsucht ihr die Mutter nahmAls der Russe langsam näher kam, war die Kindheit und der Krieg vorbeiAus der Heimat ausgestoßen in den Zugwagon hinein
Und da steht sie auf dem Bahnsteig,ihr Leben in zwei Taschen gepacktAnkunft Deutschland, 45,neues Zuhause dringend gesucht
Sie strahlt im Kerzenlicht, so viele Kerzen passen nichtAuf die Geburtstagssahnetorte, Danke zeigt sie ohne WorteUnd die längst erwachsenen Kinder und die Enkel und Ur-EnkelKennen nur Teile der Geschichte, doch sie kennen dieses Bild genauDas Bild der kleinen Frau
Und da steht sie auf dem Bahnsteig,ihr Leben in zwei Taschen gepacktAnkunft Deutschland, 45,neues Zuhause dringend gesucht
Eine Heimat hat sie gefunden, auf einem langen steinigen WegAnkunft Deutschland, 45, heut ist sie 90Sie lebe hoch
Nur selten spricht sie vom Erlebten, Hunger, Angst, Verlust, VerlorenseinVon ihrem Mann, der nicht mehr bei ihr ist, sie hat so gern getanzt mit ihmDas Lachen hat sie trotzdem nie verlerntSie ist zu Haus, daheim
Ihre Heimat hat sie gefunden auf einem langen, steinigen WegHeut ist sie 90, Alles Gute, Alles LiebeSie lebe hoch,alles Gute, sie lebe hoch