Beim Blättern in den Bildern meiner Kindheit
Bei Blättern in den Bildern meiner KindheitFind ich viele vergilbt in all den JahrenUnd andere von fast unwirklicher KlarheitVon Augenblicken, die mir wichtig warenVon Großmutter, die beim KartoffelnschälenDie Frühjahrssonne im Vorgarten nutztIch spiel im Sand und höre sie erzählenUnd weiß, dass - wenn sie mich erwischt - sie mir die Nase putzt
Wie manches, dem wir kaum beachtung schenkenUns dennoch für ein ganzes Leben prägtUnd seinen bunten Stein, als ein AndenkenIns Mosaik unserer Seele trägt
Die Suchlisten an den Rot-Kreuz-BarackenVater, der aus Gefangenschaft heimkehrtDer dürre, fremde Mann mit StoppelbackenDer weinend die Bahngleise überquertOnkel Heinz, der mich in der DorfgaststätteHeimlich an seinem Bier mittrinken läßtIch zieh auch mal an seiner ZigaretteUnd Tante Ille denkt, ich sei derweil beim Kinderfest
Die Dramen morgends vor dem KindergartenVerzweiflung, wenn Mutter gegangen istDie Qual, einen Tag lang auf sie zu wartenUnd immer Angst, dass sie mich hier vergißtSonntage, wenn Verwandte uns besucheWenn alles lacht und durcheinander sprichtGeschirr klirrt, draußen gibt's Kaffee und KuchenJohannisbeeren im Garten funkeln rot im Sonnenlicht