Melotron "Lilienthals Traum" letra

Lilienthals Traum

Er weiß, daß seine Reise hier zu Endegehen wird,auf diesem Feldbett, in diesem Waggon,er hat sich niegeirrt.Der Arzt und Gustav flüstern und sie flüstern über ihnnach Stölln gekommen, um ihn heimzuholen nach Berlin.Die Räder hämmern auf die Gleise, Bilderziehen schnellvorbei:Die Mutter am Klavier, von FerneSchumanns „Träumerei",Das Elternhaus in Anklam, Schule,Mißerfolg undZwang,Versteckt in Sommerwiesen mit Gustav tagelangdem Flug der Störche nachzusehen auf schwerelosenBahnenihr Aufsteigen, ihr Schweben zu begreifen undzu ahnen:Du kannst fliegen, ja Du kannst!Laß den Wind von vorne wehen,Breite die Flügel, Du wirst sehen:Du kannst fliegen, ja Du kannst!

Die ersten Flugversuche von den Dörflern ausgelacht.Um den Spöttern zu entgehen, unternimmt ersie nur bei Nacht.Eine neue Konstruktion, ein neuesFlugexperiment,die Ziffern 4771, sein erstes Patent!Agnes vor dem Haus im Garten, in dem langen,schwarzen KleidAgnes voller Lebensfreude, Agnes vollerHerzlichkeit.Dann sonntags mit den Kindern raus zumWindmühlenberg gehen,die Welt im Fluge aus der Vogelperspektivesehenauf riesigen, baumwollbespanntenWeidenrutenschwingen.Sommer 1891 und jetzt wird er es erzwingen!

Du kannst fliegen, ja Du kannst!Laß den Wind von vorne wehen.Breite die Flügel, Du wirst sehen:Du kannst fliegen, ja Du kannst!

Wie die Holme knarren, wie der Wind in denSpanndrähten singt,wie der Flügel überm Horizont sanft und adlergleichschwingt,wie das Auf und Ab der Lüfte seineFlugmaschine wiegt!Seine Beine sind ganz taub, wie lange er wohl schon so liegt?Der Doktor kommt aus Rhinow, und er sagt, einheftigerSchlagtraf den dritten Halswirbel, was immer dasbedeutenmag.Was mag Agnes fühlen und was die Kinder,wenn sie eserfahren?Agnes war immer besorgt, nie ohne Angst in alldenJahren.Man kann die Sehnsucht nicht erklären, manmuß sieSelbst erleben:Drei Schritte in den Abgrund und dasGlücksgefühl zuSchweben!

Du kannst fliegen, ja Du kannst!Laß den Wind von vorne wehen.Breite die Flügel, Du wirst sehen:Du kannst fliegen, ja Du kannst!Ein guter Wind aus Ost an diesem Sonntag imAugust.Schon der erste Flug geht weit ins Tal hinunter,eine Lust!Der zweite wird noch weiter gehen. Da reißt esihn steilempor,fast steht er still, wirft Beine und denOberkörper vor,der Wind schlägt um, er bringt den Apparatnicht mehrzur Ruh,und senkrecht stürzt er aus dem Himmel auf dieErde zu.Den Sturz kann er nicht mehr parieren, unlenkbarsein Verlauf,mit einem Krachen schlägt er mit dem rechtenFlügel auf.War es Leichtsinn? War es ein Unglück? War essein eigner Fehler eben?Nie und nimmer wird er sich und seinen Traumgeschlagen geben!Du kannst fliegen, Ja Du kannst!Laß den Wind von vorne wehen.Breite die Flügel, Du wirst sehen:Du kannst fliegen, ja Du kannst!

Der Schlaf kommt wie ein guter Freund. Gut,daß erjetzt heimkehrt.Ein erster Schritt zum Menschenflug, Gott weiß,er war es wert!Den nächsten werden andre tun, der Mensch wirdirgendwanndie ganze Welt umfliegen können, wenn er will,und dannwird er sich aus der Enge der Gefangenschaftbefreien,mit allen Grenzen werden alle Kriege überwundensein!Er hört die Kinderstimmen und er spürt, Agnes istdain dem dunklen Waggon. Jetzt ist er seinemTraum ganznah:Er sieht die Störche fliegen, sieht sich selbst inihrem Reigenfrei und schwerelos, durch eigne Kunst, insSonnenlichtaufsteigen!

Du kannst fliegen, ja Du kannst!Laß den Wind von vorne wehen.Breite die Flügel, Du wirst sehen:Du kannst fliegen, ja Du kannst!Du kannst fliegen, ja Du kannst!

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